Interview mit Belit Onay, dem Oberbürgermeister von Hannover
Wir (Charlotte und Pauline vom MiniGöbo) durften Ende des letzten Schuljahres Belit Onay, den Oberbürgermeister von Hannover, interviewen. Wie er unsere Fragen beantwortet hat, könnt ihr im Folgenden nachlesen.
Göbo: Wollten Sie schon immer Oberbürgermeister werden?
B. Onay: Ich wollte vor allem politisch aktiv werden. Ob ich Oberbürgermeister werden würde oder auch an anderer Stelle politisch aktiv sein könnte, das konnte man als Kind oder als junger Mensch noch nicht so richtig planen. Aber dass ich politisch aktiv sein werde, war für mich schon als Jugendlicher klar.
Göbo: Haben Sie, bevor sie Oberbürgermeister geworden sind, schon daran gedacht, dass sie einmal Oberbürgermeister werden würden?
B. Onay: Wie gesagt, ich habe mir schon früh eine politische Meinung gebildet. Als ich für das Amt des Oberbürgermeisters kandidiert habe, wusste ich nicht, ob ich gewählt werde oder nicht. Aber ich habe natürlich dafür gekämpft, dass ich es werde. Ich habe viel Werbung für meine Ideen gemacht und auch mit vielen Menschen geredet, die das gut fanden.
Göbo: Wie haben Sie sich gefühlt, als sie erfahren haben, dass Sie zum Oberbürgermeister gewählt wurden?
B. Onay: Es war ein sehr, sehr emotionaler Moment und ich war natürlich auch glücklich. Ich war aber auch sehr aufgeregt. Ich war hier im Rathaus und bin in einen Raum gegangen und habe dann die Information bekommen: Sie sind jetzt Oberbürgermeister, Sie haben die Wahl gewonnen. Dann musste ich auf der großen Treppe im Eingangsbereich im Rathaus eine Rede halten. Der Wahlsieg war also wirklich schon ein sehr aufregender Moment.
Göbo: Warum haben Sie sich dafür entschieden, Oberbürgermeister von Hannover werden zu wollen?
B. Onay: Ich lebe mit meiner Familie hier, ich finde die Stadt super und möchte natürlich auch etwas für die Stadt tun. Und gerade in der Kommunalpolitik kann man eine Stadt gestalten und verbessern. Genau das muss man natürlich als Oberbürgermeister tun und ich freue mich, dass ich dieses Amt ausüben darf.
Göbo: Haben Sie immer viel zu tun?
B. Onay: Oh ja, es sind viele Termine. Der Tag beginnt früh und geht manchmal auch bis in die späten Abendstunden – auch am Wochenende. Die letzten Monate waren schon sehr, sehr intensiv.
Göbo: Finden Sie Ihre Arbeit stressig oder wird es auch mal langweilig?
B. Onay: Also langweilig wird es eigentlich nie. Stressig wird es allerdings manchmal. Ich mag an meiner Arbeit, dass sie sehr, sehr abwechslungsreich ist. Man trifft viele verschiedene Leute, zum Beispiel jetzt euch. Das ist natürlich immer eine schöne Gelegenheit, Menschen aus der Stadt kennen zu lernen.
Göbo: Was machen Sie, wenn Sie gestresst sind?
B. Onay: Am liebsten verbringe ich Zeit mit meiner Familie. Das nimmt mir immer den Stress. Ich treibe auch sehr gerne Sport. Das ist auch immer gut zum Stressabbau. Ich spiele zum Beispiel gerne Basketball oder gehe laufen.
Göbo: Was wollen Sie machen, wenn Sie nicht mehr gewählt werden?
B. Onay: Erst einmal kämpfe ich dafür, dass ich wieder als Oberbürgermeister gewählt werde. (Anmerkung der Redaktion: Die nächste Wahl findet 2026 statt.) Aber auch wenn ich nicht mehr zum Oberbürgermeister gewählt werden sollte, will ich politisch aktiv bleiben und ich müsste dann auch überlegen, was ich beruflich machen will, zum Beispiel als Jurist arbeiten.
Göbo: Sind Sie eigentlich schon als Schüler einer Partei beigetreten?
B. Onay: Ich bin in Goslar geboren, aufgewachsen und auch zur Schule gegangen. Dort habe ich dann gemerkt, dass zu meiner Zeit nur wenige junge Menschen politisch aktiv waren und dann habe ich es nach einiger Zeit auch gelassen, mich politisch zu engagieren, weil ich gemerkt habe, dass ich da nicht so zurechtkomme.
Göbo: War es für Sie in dieser Zeit stressig die Schule und die Arbeit in der Partei unter einen Hut zu bekommen?
B. Onay: Die Schule war schon stressig, aber ich habe jetzt nicht so viel in der Partei gemacht. Ich bin zu ein paar Veranstaltungen gegangen, aber habe dann – wie gesagt – auch sehr schnell gemerkt, dass es eigentlich nichts für mich ist. Aber ich habe zum Beispiel einmal mit dem Weißen Ring zusammen ein Basketballspiel organisiert oder wir haben damals für Erdbebenopfer Geld gesammelt, also wohltätige Aktionen in der Schule gemacht. (Anmerkung der Redaktion: Der Weiße Ring hilft Opfern von Verbrechen.) Dafür habe ich sehr viel Zeit investiert.
Göbo: Es gibt ja immer noch die Proteste gegen die AfD. Wir haben gesehen, dass Sie auf einer der Veranstaltungen eine Rede gehalten haben. Wie stehen Sie zu den Protesten?
B. Onay: Ich finde es sehr, sehr gut und wichtig, dass so viele Menschen nicht nur gegen die AfD, sondern auch für ein vielfältiges Deutschland sowie eine schöne, bunte Stadt und Gesellschaft demonstrieren. Dass so viele Bürger*innen sich gegen die Pläne der Rechten und Rassisten stellen, die Menschen hier trennen oder ausweisen zu wollen, ist ein sehr, sehr schönes und starkes Signal.
Göbo: Es gab ja vor einiger Zeit die Bauernproteste. Wie kamen Sie damit klar?
B. Onay: Ich kann es sehr gut nachvollziehen, denn die Landwirtschaft steht extrem unter Druck. Ich glaube aber, das hat weniger mit den zuletzt gefassten Beschlüssen zu tun, denn die Bauern sind schon vor 20 Jahren sehr unter Druck geraten. Dafür ist die Politik der letzten 20 Jahren verantwortlich. Deswegen verstehe ich, weshalb sie demonstrieren. Aber ich fände es besser, wenn sie das gewaltfrei machten.
Göbo: Sie sehen sich als liberaler Muslim. Was bedeutet das?
B. Onay: Das bedeutet für mich, dass Religion erst einmal Privatsache ist. In der Kultur meiner Familie und der Familie meiner Eltern war Toleranz gegenüber nichtgläubigen Menschen oder andersgläubigen Menschen oder Menschen mit einer anderen Weltanschauung immer wichtig. Für mich ist das Entscheidende das Zusammenleben und die Toleranz in einer liberalen Gesellschaft, in der alle Kulturen zusammenleben können.Das ist mir sehr wichtig. Ich finde, diese Unterschiedlichkeit muss in einer Gesellschaft möglich sein.
Göbo: Kann man bei Ihnen den Zukunftstag machen?
B. Onay: Ja, wir haben tolle Angebote hier in der Stadtverwaltung. Hier arbeiten ganz viele Menschen und man kann alle möglichen Bereiche besuchen, zum Beispiel auch den Gartensaal mit seiner Küche. Es ist immer ein sehr schönes Programm, das die Kolleg*innen für den Zukunftstag vorbereiten.
Göbo: Wie kommen Sie zur Arbeit?
B. Onay: Ganz unterschiedlich. Es kommt auf die Tagestermine an. Ich komme sehr gerne mit dem Fahrrad, manchmal auch mit der Bahn und manchmal aber auch mit dem Auto. Vor allem, wenn ich nicht nur im Rathaus bin, sondern auch etwas weiter weg Termine habe. Aber wenn ich nur hier bin, komme ich wie gesagt mit dem Fahrrad.
Göbo: Wie hat die Verkehrswende Ihrer Ansicht nach in Hannover funktioniert?
B. Onay: Ich finde, wir sind auf einem guten Weg. Wir machen sehr viel, zum Beispiel bauen wir mit den Velorouten die Fahrradwege aus und stellen sicher, dass man schnell, bequem und sicher mit dem Fahrrad unterwegs sein kann. Ich merke aber auch, dass es leider sowohl im Stadtrat als auch in der Gesellschaft noch Ängste und Unzufriedenheit gibt.
Göbo: Haben Sie noch weitere Pläne zur Verkehrswende?
B. Onay: Wir wollen die Velorouten weiter ausbauen und ungefähr bis 2026 oder 2027 wollen wir fertig sein. Wir wollen auch die autofreie Innenstadt weiterbringen.
Göbo: Wie möchten Sie Bildungseinrichtungen fördern?
B. Onay: Das meiste Geld geben wir für Kitas und Schulen aus. Wir sind für die Gebäude zuständig und tun viel, um die Infrastruktur zu verbessern und für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Etwas, das auch die Situation verbessert, sind zum Teil kostenfreie Mittagessen für die Familien, die sich das zum Beispiel sonst nicht leisten können. Auch haben wir viele Kulturangebote in der Stadt.
Göbo: Wollen Sie noch mehr Maßnahmen für die Gerechtigkeit in der Gesellschaft angehen?
B. Onay: Ja, wir merken, dass gerade das Thema Armut zum Beispiel bei Kindern immer mehr zunimmt, sodass Kinderarmut ein sehr großes Thema ist. Dem versuchen wir auch durch – wie gesagt – kostenfreies Mittagessen und andere Sachen, die den Menschen helfen, zu begegnen. Wir helfen auch obdachlosen Menschen, indem wir ihnen Unterkünfte geben und sie so gut wie möglich unterstützen, zum Beispiel mit dem neuen Duschbus, das ist ein mobiles Badezimmer.
Göbo: Wollen Sie Gemeindemitglieder intensiv unterstützen, vor allem Erwachsene?
B. Onay: Ja, wir machen auch sehr viel mit den Kirchen zusammen, zum Beispiel helfen wir obdachlosen Menschen, indem wir sie auch medizinisch unterstützen. Wir helfen auch vielen geflüchteten Menschen aus Kriegsgebieten, zum Beispiel aus der Ukraine.
Göbo: Wollen Sie noch einmal Veranstaltungen explizit für die Mitsprache der Bürger und Bürgerinnen organisieren?
B. Onay: Wir haben da ganz viele Formate, die wir nutzen können. In unserem Jugendhilfeausschuss arbeiten Menschen aus der Jugendarbeit mit oder wir unterstützen gerade die Gründung eines Jugendparlamentes. Wir haben aber auch für Erwachsene ganz unterschiedliche Formate, zum Beispiel Einwohner*innen-Fragestunden. Zu diesen kommen Einwohner*innen, um mir Fragen zu stellen, die ich dann mit in meine Arbeit nehme. Auch gibt es zu dem Thema Mobilität viele verschiedene Veranstaltungen. Es ist einfach sehr wichtig zu wissen, was die Menschen in Hannover möchten.
Göbo: Was ist Ihr Lieblingstier?
B. Onay: Puh, ich mag eigentlich alle Tiere. Aber sehr gerne mag ich Tiere, die man auf einer Safari in Afrika sehen kann, also zum Beispiel Elefanten.
Göbo: Was ist ihre Lieblingsfarbe?
B. Onay: Blau.
Göbo: Was ist Ihr Lieblingsessen?
B. Onay: Da gibt es ganz viele: Ich mag vegetarisches Essen gerne, viele Gewürze und mediterranes Essen. Ein einzelnes Gericht kann ich gar nicht sagen, aber ich mag Vorspeisen sehr gerne.
Göbo: Und als letzte Frage: Was ist ihr Hobby?
B. Onay: Basketball ist oder war mein Hobby. Es ist natürlich sehr schwierig, wenn man Oberbürgermeister ist, ein Hobby beizubehalten, aber ich mag Sport sehr, sehr, sehr gerne.
Der Göbo bedankt sich ganz herzlich beim Bürgermeister!